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1. Bürgerkunde - S. 8

1907 - München : Gerber
8 Wirtschaftsgemeinden können also sehr groß und sehr klein sein. Im allen Germanien bestanden viele kleine Wirtschaftsgemeinden; das neue Deutsche Reich stellt eine große Wirtschaftsgemeinde dar. Schon im kleinen Aquarium herrscht weise Ordnung. Jedem Fischlein, jeder Wasserpflanze hat der Schöpfer eine bestimmte Ausgabe, eine Arbeit zugewiesen. Die Wasserpflanze zersetzt im Lichte die Kohlensäure in Kohlenstoff und Sauerstoff und gibt den letzteren an das Wasser ab. Der Fisch nimmt diese „Lebens- lust" in dem Wasser aus und gibt dafür Kohlensäure ab ic. Tier und Pflanze fragen sich gleichsam: „So viel biete ich Dir — was gibst Du mir?" Sie sind aufeinander angewiesen, voneinander abhängig. Auch die Bewohner des Teiches, des Sees, des Meeres re. sind voneinander abhängig. Ähnlich ist es in jeder Wirtschaftsgemeinde. Auch hier hat jeder Mensch eine bestimmte Aufgabe. Er ist entweder als Land- mann oder als Handwerker, als Kaufmann oder als Richter re. tätig. Der Bäcker bedarf des Müllers, dieser des Landmanns. Der Bauer braucht wiederum den Sattler, den Schneider re., manchmal auch den Richter. Auch der Kaufmann, der Gelehrte, der Fürst re. kann des Landmanns und des Handwerkers nicht ent- behren. An Hunderten von Beispielen kann man zeigen, daß ein Glied unserer Wirtschaftsgemeinde die übrigen Glieder braucht, wie das Fischlein im Aquarium der Wasserpflanze benötigt. Jeder Arbeiter gibt sein Erzeugnis gegen die Erzeugnisse anderer hin. Wenn in ein kleines Aquarium mit einer bestimmten un- veränderten Wassermenge wenige Wasserpflanzen und recht viele Fischlein gesetzt würden, so würde ein Teil der Fische rasch zu- grunde gehen. Welche Folge müßte es haben, wenn in unserem heutigen Deutschland 4/s aller Bewohner sich vom Handel ernähren wollten? Ein großer Teil derselben müßte verhungern, wenn er sich nicht dazu entschließen wollte, sich dem Gewerbe und der Landwirtschaft zuzuwenden. Die ganze Wirtschaftsgemeinde käme in große Gefahr. Die Glieder einer Wirtschaftsgemeinde tauschen also ihre Er- zeugnisse gegenseitig aus und sind daher aufeinander angewiesen. — Wir wollen einige Wirtschastsgemeinden kennen lernen, wie sie sich im Zeitlaufe der deutschen Geschichte entwickelt haben.

2. Bürgerkunde - S. 10

1907 - München : Gerber
10 Hausfleiß. Zweckmäßige Verteilung der Arbeit. Gewerbliche-) Arbeit als Neben- beschäftigung. jedoch nicht dazu hergestellt, um vielleicht nachher verkauft oder auch nur vertauscht zu werden; sie sollten nur den Bedarf der Wirtschaftsgemeinde decken. Während der besseren Jahreszeit mußte das Feld bestellt und Wiese und Wald gepflegt werden. Die Herstellung der Werk- zeuge geschah daher hauptsächlich im Winter. Die Werkzeuge waren natürlich höchst einfach; aber doch müssen wir die vielseitige Geschicklichkeit dieser Naturmenschen be- wundern. Sie bauten ihre Hütten, fertigten ihre Werkzeuge, waren ihr eigener Gerber, Schuster, manchmal auch Schmied und Wagner. Alle Arbeit hatte nur den einen Zweck, die Bedürfnisse des eigenen Hauses zu befriedigen. Sämtliche Kleidungsstücke und Werkzeuge wurden im Hause von den Bewohnern desselben hergestellt. s Eigenwirtschaft.) Diese Art gewerblicher Tätigkeit heißt H a u s f l e i ß oder H a u s w e r k. Noch heute findet sich das Hauswerk in abgelegenen armen Gegenden. C. A. Romstorfero erzählt: „Im kleinen Kreise der Familie oder doch innerhalb der engen Dorfgrenzen besorgt der Bukowinaer Landbewohner sich alle seine Lebensbedürfnisse selbst. Beiin Ball des Hauses versteht der Mann in der Regel die Arbeiten des Zimmermanns, Dachdeckers n. dergl. zu versehell . . . Bon dem Anbau der Gespinst- pflanzen oder von der Aufzucht des Schafes all bis zur Fertigstellung der Bett- ^und Kleidungsstücke aus Leinen, Wolle oder Pelzwerk, Leder, Filz oder Strohgeflecht erzeugt ferner das Bnkowiilaer Landvolk alles, selbst die Farbstoffe aus eigens gezogelien Pflanzen sowie die nötigen, aller- dings höchst primitiven Handwerkszeugs. Und so ist es iln allgemeinen auch mit der Nahrung. Mit Aufwand ziemlich bedeutender Mühe pflegt der Bauer sein Maisfeld, stellt er ans der Handinühle das Kukuruzmehl her, das er zum Backen feiner Hauptkost, die der Polenta ähnlich ist, ver- lvendet . . . Nur die Bearbeitung des Eisens, welches Material die eingeborene Bevölkerung in äußerst geringen Mengen verbraucht, überläßt er im allgemeinen den im Lallde zerstreut lebenden Zigeunern." — Es ist sehr zweckmäßig, daß im Aquarium jede Pflanze, jedes Tier eine vom Schöpfer bestimmte Aufgabe zu er- füllen hat. Der Nutzen entsprechender Verteilung der Arbeit hat auch die Sippe bestimmt, jedes Glied der Wirtschafts- gemeinde dort zu verwenden, wo es am brauchbarsten war. Neben der landwirtschaftlichen Arbeit, die alle Personen beschäftigte, wurden diejenigen gewerblichen Arbeiten, die bedeutende Körper- b „Die Hausindustrie Österreichs." (Weil Literaturnachweise für den Schüler wertlos sind, wurde darauf verzichtet, sie in Anmerkungen genau anzugeben; die benüßte Literatur ist am Schlüsse des Büchleins angeführt. Anm. d. Vers.) 2) ___________Gewerbe ____________ Handwerk Industrie. Handwerk (mit der Hand wirken) ist der gewerbliche Kleinbetrieb; Hilfs- mittel: einfache Werkzeuge. Industrie ist der gewerbliche Großbetrieb; Hilfsmittel: Maschinen.

3. Bürgerkunde - S. 12

1907 - München : Gerber
12 P. K. Rosegger*) erzählt: „Der Bauernhandwerker, als der Schuster, der^Schneider, der Weber, der Böttcher, anderwärts auch der Sattler,^der Schreiner sind in manchen Alpengegenden eine Art Nomaden- bolk. Sie Haben wohl irgend eine bestimmte Wohnung, entweder im eigenen Häuschen oder in der gemieteten Stube eines Bauernhofes, wo ihre Familie lebt, wo sie ihre Habseligkeiten bergen und wo sie ihre Sonn- und Feiertage zubringen; am Montagmorgen aber nehmen sie ihr Werk- zeug ans den Rücken oder in die Seitentasche und gehen ans die Stör, d. i). sie gehen ans Arbeit aus und heimsen sich im Bauerhause, wohin sie bestellt sind, so lange ein, bis sie die bestimmte Arbeit, den Hans bedarf, verfertigt haben. Dann wenden sie sich zu einem andern Hof." ^Arbella^ Durch das Wandern ging oft viel Zeit verloren. Ferner Hauptberuf, traf es oft zu, daß der Störer bald viel bald gar keine Arbeit hatte. Um seine Familie ernähren zu können, war er daher ge- zwungen, neben seiner eigentlichen Arbeit auch Landwirtschaft zu treiben. Oer L'ronhof als Wirtschaftsgemeinde. Neben den freien Bauern bestand der freie Adel?) Der ger- manische Adel setzte sich ans jenen angesehenen Familien zusammen, aus welchen die Herzöge gewählt wurden. Jede Adelsfamilie hatte ein Gut, das sich von dem Vater auf den Sohn, von diesem auf den Enkel ic. vererbte. Der Adel ging also von einem Ge- schlechte auf das folgende über; darum wird dieser Adel als Geschlechts- oder Geburtsadel bezeichnet. Der erwählte Herzogs war im Kriege der Führer der ade- ligen und nichtadeligen Grundbesitzer. Er erlangte immer mehr Macht. Aus den: Herzogtum entstand nach und nach das Königtum. Der König bedurfte verschiedener Diener, der Beamten. Diese königlichen Beamten bildeten im fränkischen Reiche den Dienstadel. Mit der Zeit verschmolzen Geschlechts- und Dienstadel zu einem Stande, dem freien Adels- oder Ritterstande. Die germanischen Könige eroberten von den besiegten Römern große Ländereien. Sie konnten daher die Dienste ergebener Adeliger dadurch belohnen, daß sie diesen große, bisher unbebaute Grundstücke schenkten. So wurden die Adeligen Großgrundbesitzer, die „weltlichen Grundherren". Auch die Geistlichen wurden mehrmals von den Königen mit Ländereien beschenkt. Auf diese Weise wurden manche Klöster zu „g erstlich en Grundherrschaften". — Die Grundherren suchten ihren Besitz zu vergrößern, ihre Macht zu vermehren. *) „Aus meinem Handwerkerleben". 2) Adel — Geschlecht auf dein Erbgut. 'h Herzog -- - Heerführer, der das Heer (nach sich, zieht, d. h. führt.

4. Bürgerkunde - S. 16

1907 - München : Gerber
1. Geschicht- liche Tat- sachen. a) Römer- städte. 1j) Burgen. Ii. Das zünftige Handwerk. Aie mittelalterliche Stadt als Wirlschattsgemnndt. 1. Die Wirkung der entstehenden Städte auf das Handwerk. Schon in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt waren auf jetzigem deutschen Boden Städte. Diese waren aber nicht von den Germanen, sondern von den Römern gegründet. Die Römer hatten zum Schutze gegen die nordwärts ivohnenden Barbaren starke Grenzmauern (Pfahlgraben, Limes) angelegt und an einzelnen Punkten dieser Mauern Festungen (Kastelle) errichtet. Aus diesen Kastellen entstanden die Römerstädte. Passau, Regens- burg, Augsburg, Straßburg, Köln, Mainz waren Grenzstädte. (Grünwald, Gauting und Deisenhofen.) Die römische Stadt war also Festung. Die Römer wurden von den Germanen aus diesen Städten vertrieben; die Sieger gelangten in den Besitz dieser Festungen. Das germanische Bauernvolk hatte aber für Festungswerke keinen Sinn; es zerstörte die ehemaligen Römerfestungen. Landwirt- schaft trieb es auf den Lehenshöfen, Landwirtschaft trieb es zu- nächst in den ehemaligen Römerstädten, wie auf den Einzelhöfen. Es wurde aber später von seinen! Zerstörungseifer bekehrt. Wo größere Ansiedelungen, Dörfer und später Städte, entstanden waren, bedrohten nicht selten Feinde Hab und Gut. Die an- sässigen Bewohner mußten sich gegen solche Angriffe schützen. Deshalb errichteten sie, die einst die Festungswerke der verhaßten Römer zerstört hatten, nun selbst Befestigungen, Burgen/) die sie mit Mauern und Gräben umgaben. In Zeiten der Gefahr flüchteten alle Bewohner der benachbarten Gehöfte in die Burg; sie hatten das Recht, dort zu wohnen, das Burgrecht, und hießen daher Burger. x) Burg von bergen; in der Burg war mau geborgen. Beachte die „Burgfriedenstafelu" unserer Stadt!

5. Bürgerkunde - S. 17

1907 - München : Gerber
17 Mittelalterliche Städte entstanden also a) aus Römerstädten, b) aus Burgen zur Verteidigung gegen äußere Feinde. Die Bewohner einer Burg wurden zahlreicher. Der Boden innerhalb der Burg konnte nicht mehr alle Bewohner ernähren. Deswegen wurden von den Bewohnern der Burgen oder Städte neben landwirtschaftlichen Arbeiten auch gewerbliche verrichtet. Die Gebrauchsgegenstände sollten jedoch, nicht bloß dem eigenen Bedarfe sondern auch dem der benachbarten Lehensgüter dienen. Das Handwerk kann auf gleichem Raume mehr Personen ernähren als die Landwirtschaft. (Beispiele in unserer Zeit!) Die Städter verlegten sich mit der Zeit immer mehr auf die Erzeugung von Gebrauchsgegenständen und überließen die Beschaffung von Lebens- mitteln den außerhalb der Stadt wohnenden Bauern. Die Hufner gerieten aber in immer größere Abhängigkeit von den Grundherren. Auch die Abgaben an den Fronhof wurden immer drückender. Lohnwerker und Hufner wanderten deshalb in die entstehenden Städte. „Stadtluft macht frei!" Auch jene Handwerker, die sich in den Klöstern ihre Handgeschicklichkeit er- worben, wollten in den Städten ihr Brot erwerben. Diese Um- stände begünstigten die Entstehung und Entwicklung der Städte. Der Lohnwerker oder Störer, der nur Werkzeuge, aber keine : Werkstätte hatte, konnte auch iu der Stadt, wie „auf dem Lande", seine Tätigkeit fortsetzen. Es entsprach jedoch der städtischen Siedelung mehr, wenn der gewerbliche Arbeiter nicht nur über Werkzeuge sondern auch über eine eigene Arbeitsstätte verfügte. Derjenige gewerbliche Arbeiter, lvelcher in seiner Werkstätte aus Bestellung arbeitet, heißt Handwerker. (Der Handwerker schafft oder wirkt hauptsächlich mit der Hand, daher sein Name.) An die Stelle des Lohnwerkers trat daher vielfach der Handwerker. Der Besteller lieferte den Rohstoff; auch wenn er das Leder selbst erst erwerben mußte, brachte er es dem Schuhmacher oder Sattler mit. Das Handwerk verdrängte das Lohnwerk nicht ganz. Mancher Handwerker war sogar zugleich Lohnwerker. Dies können wir heute noch bei manchen Bäckern auf dem Lande beobachten. Der Bäcker stellt dort Weißbrot in seiner Backstube auf seine Rechnung her; als solcher ist er Handwerker. Er ist aber nicht selten zu- gleich auch Lohnbäcker; bald erhält er von dem Kunden das Mehl nebst dem Holz zum Heizen des Backofens und liefert aus je 3 'U Mehl 4 & Brot; bald hat er in der Wohnung des Kunden den Teig zu bereiten und zu formen; bald knetet und formt die Hausfrau den Teig selbst, während der Bäcker nur das Backen zu besorgen hat. Ii. Teil. Bürgerkunde. 9 2. Stadl und Land. Zug nach der Stadt. 3. Entstehung des Handwerks.

6. Bürgerkunde - S. 19

1907 - München : Gerber
19 Später schlossen sie sich zum Zwecke gegenseitiger Hilse sogar zu „ländlichen S ch u tz g i l d e n" *) zusammen. Auch die Handwerker in den Städten vereinigten sich zu Gilden. Die Handwerkergilden umfaßten gewöhnlich nur Mit- glieder eines einzelnen Handwerkes einer Stadt. Die meisten Handwerkergilden entstanden aus Bruderschaften. Die Mitglieder eines Handwerks verehrten einen Heiligen als gemeinsamen Schutzpatron, die Schuhmacher z. B den hl. Crispin. Mehrmals im Jahre fanden festliche Zusammenkünfte statt; das Hauptfest war das Fest des Schutzpatrons. Es begann mit einer kirchlichen Feier und endete mit geselliger Unterhaltung. (Vergl. die religiösen Handwerkervereine in unserer Zeit!) Die Bruderschaften verpflichteten ihre Mitglieder zu Werken der Nächstenliebe: Hilfe- leistung bei Krankheit, Unterstützung der Hinterbliebenen eines verstorbenen Mitgliedes re. In Bremen hatten die Schuster be- reits zu Anfang des 13. Jahrhunderts dem deutschen Orden ein Krankenhaus gebaut. Mit der Zeit änderten sich die Bestrebungen der Zünfte insofern, als sie in erster Linie auf Förderung des Handwerks bedacht waren. Aus den religiösen Vereinigungen wurden gewerbliche Z ü n f t e?) Einige Zünfte waren auch aus 2. Zünfte. Vereinigungen der Handwerker auf den Fronhöfen entstanden. Hauptziel jeder Zunft war: Förderung des Handwerks. Die Zünftler erkannten, daß hiezu tüchtige Handwerker und recht- schaffene Männer notwendig seien; sie empfanden, daß die Hebung des Handwerks nur durch gewerbliche, geistige und sittliche Hebung der Handwerker möglich sei. Dieser gesunde Grundsatz der Selbst- hilfe durch Selbstzucht kam in der ganzen Einrichtung der Zünfte zum Ausdruck. . Der Vorstand der Zunft, die gewöhnlich nur Mitglieder ^ Zunst- eines Gewerbes umfaßte, war der Zunftmeister; die Ausschuß- um im0' Mitglieder waren die Altmeister. Die Versammlungen wurden in der Zunftstube, der Herberge, die sich meist in einem Wirtshause befand, abgehalten. Ein Schrein in der Zunftstube, die Lade, diente zur Aufbewahrung der Vereinsgesetze (Statuten, Satzungen), des Siegels und des Zunftvermögens. Bei den Zunftversamm- lungen wurde über Zunftangelegenheiten beraten und beschlossen. Die Zünftler verfolgten außer gewerblichen Zwecken auch allgemeine. Sie fühlten sich als eine große Familie. Die älteren suchten die jüngeren, die so leicht dem Genusse und der Ver- suchung verfallen, durch Beispiel, Gewöhnung und Überwachung vor Müßiggang und Laster zu bewahren, sie zu Fleiß und Tüchtigkeit zu erziehen. Kranke Mitglieder der Zunftfamilie 9 Gilde — zahlende Vereinigung. _ ,2) Zunft von ziemen — geziemen, schicken; Zunft, eigentlich Zumft, — Schicklichkeit, Regel, Genossenschaft mit bestimmten Regeln. 2*

7. Bürgerkunde - S. 22

1907 - München : Gerber
Familien blieben. Diese Familien hießen „Geschlechter" oder „Patrizier". Manche Patrizier wurden sogar „Edle" und „Ritter". Solche waren in München z. B. die Ligsalz, Barth, Schrenk u. a. Zu den „Geschlechtern" zählten auch Ritterfamilien, die vorher „auf dem Lande" gelebt hatten und in die Stadt zogen. So wanderten die Pütriche, Diener, Sendlinger re. in München ein und gehörten zu den Patriziern. Im 14. Jahrhundert gab es in München gegen 40 Patrizier- familien. Heute sind fast alle ausgestorben. Nur die angesehenen Geschlechter der Barth und Schrenk erinnern im 20. Jahrhunderte noch an die Patrizierzeit des Mittelalters. Die deutschen Städte wurden, wie erwähnt, ausschließlich von den Patriziern regiert. Die Handwerker waren von den städtischen Ehrenämtern ganz ausgeschlossen. Sie trugen aber durch Fleiß, Ehrenhaftigkeit und Tüchtigkeit auch zum Blühen der Städte bei. Zu Zünften vereinigt, fühlten sie sich stark. Sie strebten daher darnach, an der Verwaltung der Städte teilnehmen zu können. Die Patrizier aber waren selten geneigt, von ihren ererbten Vorrechten abzulassen. Es erzählt uns daher die Ge- schichte vieler Städte von Kämpfen zwischen den Bevorzugten und den Zurückgesetzten, d. i. zwischen den Patriziern und den Zünft- lern, um das Stadtregiment. Auch München, Nürnberg, Augs- burg und verschiedene andere Städte blieben davon nicht verschont. Die Nürnberger Zünfte erfreuten..sich der Gunst des Kaisers Ludwig des Bayers. Dieser batte ihnen zum Ärger der Patrizier manche Vorrechte eingeräumt, wie die Ausführung feierlicher Tänze, die Errichtung von Trinkstuben rc. Die Stadtverwaltung war, wie überall, in den Händen der vornehmen Geschlechter, der Behaim, Tücher, Weigel u. a. — Im Frühjahre 1340 versammelten sich nun die Handwerker Nürnbergs in einem Dominikanerkloster, um zu beraten, wie sie das Stadtregiment erlangen könnten. Der Leiter der Versammlung war ein ^chwertfeger, der wegen seines spitzen Bartes „Geißbart" hieß. Die Versammelten beschlossen, den alten Rat abzuschaffen und dafür Zunftfreunde zu wählen. Damit würden aber die Patrizier sicher nicht einverstanden gewesen sein. Deshalb wurde bestimmt, daß die Ratsherren überfallen und gewaltsam abgesetzt werden sollten. Am 3. Juni 1349 sollte der Beschluß ausgeführt werden. Die Zünftler drangen in das Rathaus und in die Wohnungen der Ratsherren, trafen diese aber nicht. Die Patrizier hatten den Plan der Zünftler er- fahren und sich vorgesehen: einige hatten sich in Klöstern versteckt, andere waren verkleidet aus der Stadt entkommen. Wütend über den mißlungenen Anschlag, verwüsteten die Zünftler die Wohnungen der Patrizier, plünderten die städtischen Kassen und zerstörten alte, wichtige Schriftstücke. — Da kam König Karl Iv. den Patriziern zu Hilfe und stellte wieder Ordnung her. Er eilte nach Nürnberg, setzte den alten Patrizischen Rat wieder ein und gab ihm das Recht, unfolgsame Zünftler an Leib und Leben zu strafen. Sieben Anführer wurden hingerichtet und Hunderte ans der Stadt ge- wiesen; die Zunftmeister der gewalttätigen Zünfte wurden abgesetzt, den Zünftlern wurde zugleich das Tragen von Waffen verboten. Nur zwei h Patres — Väter; Patrizier — Angehörige vornehmer Geschlechter.

8. Bürgerkunde - S. 23

1907 - München : Gerber
23 Zünfte, die der Metzger und der Messerschmiede, welche sich an dem Auf- stande nicht beteiligt hatten, erhielten als Belohnung das Recht, jähr- lich zu Fastnacht einen großen Tanz auszuführen und dann „Schampart" (Schönbart) zu laufen, d. h. eine lustige Mummerei zu treiben. — Fast dreißig Jahre später kam zwischen Patriziern und Zünftlern bezüglich der Stadtverwaltung ein Ausgleich zustande. Im Jahre 1378 wurde nämlich, wahrscheinlich auf Wunsch des Königs Karl Iv., je ein Mitglied der Gold- schmiede-, Tuchmacher-, Kürschner-, Schneider-, Gerber-, Metzger-, Bäcker- und Bierbranerznnft in den Rat der Stadt aufgenommen. Mit der Zeit wurde die Zahl der zünftigen Ratsherren immer größer; zuletzt waren die Zünftler allein die Herren der Stadt. Die Augsburger Z ü n f t l e r erlangten die Regierung der Stadt ohne Blutvergießen. Die Augsburger Patrizier hatten gerecht und umsichtig regiert und den Handwerkern daher keine Veranlassung zur Un- zufriedenheit gegeben. Die Zünftler beanspruchten nur, daß ihnen bei gleicher Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit im Vergleich mit den Geschlechtern auch gleiche Rechte zuteil werden sollten. Zur Beratung, wie diese Wünsche erfüllt werden könnten, hielten sie heimliche Zusammenkünfte ab unter der Leitung des Kaufmanns Wessi Prunn er. Am 24. Oktober 1378 ver- sammelten sich die sämtlichen „zünftigen" Augsburger mit ihren 24 Bannern und besetzten die Stadttore und das Rathaus. Ihre Wortführer trugen die Wünsche dem Stadtrate bescheiden vor: 1. Anteil der Zünftler an der Verwaltung, 2. Abschaffung der Patrizierherrschaft, 3. Abgabe der Schlüssel zum Rathanse, zu den Stadttoren und zur Sturmglocke. Die Patrizier sagten die Erfüllung dieser Wünsche zu, schlugen aber vor, neben Zünftlern auch Patrizier in den Stadtrat zu wählen. Voir 30 Ratsherren waren von nun an 18 Zünftler und 12 Patrizier. Der Kaufmann W e s s i p r u n rr e r wurde erster, ein Patrizier zweiter Bürgermeister. Die zünftigen Bürger hatten sich infolge ihrer Kämpfe um ihre Unabhängigkeit auch Ausrüstung verschafft. Die Münchener waren im 14. und 15. Jahrhundert militärisch gerüstet. Sie bildeten eine Art Bürgerwehr. Diese war aber nicht von den Fürsten, sondern von den Bürgern aufgestellt und unterhalten. Jeder waffenfähige Mann war wehrpflichtig. Wenn Feinde die Stadt bedrohten, so verließen die Zünftler die Werkstätten, um in gemeinsamen: Angriffe die Störenfriede zum Abzüge zu zwingen. Jeder Handwerker hatte in seinem Hause eine Rüstkammer und verstand Armbrust und Wurfgeschoß gut zu führen. Die baye- rischen Fürsten nahmen die Dienste der tapferen Bürger wieder- holt in Anspruch. (Kaiser Ludwig bei Gammelsdorf und Ampfing.) Fassen wir die Ergebnisse unserer kurzen Betrachtung zu- sammen, so können wir sagen, daß die Zünfte bedeutende Erfolge errungen haben: 1. Zur Zeit der Grundherrschaften gab es nur Herren und ^Eckolge Knechte. Die körperliche Arbeit war Aufgabe der Knechte, " die Nutznießung daraus das Recht der Herren. (Nur die Klöster machten hievon eine Ausnahme.) Die Zünfte brachten die körperliche Arbeit zu Ehren und glichen den Ge- gensatz zwischen Herren und Knechten wenigstens etwas aus.

9. Bürgerkunde - S. 25

1907 - München : Gerber
25 Der Nürnberger Peter He le (oder H en lein) erfand die Taschenuhren, die so klein waren wie Mandelkörner und darum Nürnberger Eier genannt wurden. Der Erfinder erhielt für ein Stück 300—400 Taler. Als Unruhe diente eine Schweins- borste. (Der Holländer Hui g h ens^) stellte 1657 die erste Pendeluhr her.) Auch das Spinnrad ist eine deutsche Erfindung. Der Steinmetz Johannes Jürgens erfand 1530 die Flügelspindel oder Drossel. Das Drahtziehen wurde 1400 von Rudolf in Nürnberg erfunden. — Die Kutschen sind zuerst in Deutsch- land gebaut worden. — Die Spitzenklöppel hat Frau Barbara Uttmann in Annaberg erfunden. — Auch die Windmühlen, die P a p i e r m ü h l e n, der K o nr P a ß und die k ü n st l i ch e u Gläser sind zuerst von Deutschen hergestellt worden. Die wichtigste Erfindung ist die des Buchdruck s. Die Kunst des Schreibens hatten die Menschen schon iur Altertume gekannt und mittels derselben waren Gesetze und Regententafeln in Stein geritzt worden. Die griechischen und römischen Gelehrten hatten die Ergebnisse ihrer Gedankenarbeit niedergeschrieben. Nach dem Untergange des römischen Reiches hatte sich die Schreibkunst in die Klöster zurückgezogen. Gutenberg nun erfand die „schwarze Kunst". Durch sie konnten die Gedanken einzelner Männer rasch dem Volke übermittelt werden. Die Handwerker waren vor allem bestrebt, das Brauchbare ànvwèrk mit dem Schönen zu verbinden; viele Zweige des Handwerks wurden zum Kun st Handwerk, ja zur Kunst. Der erste künstlerisch wertvolle Holzschnitt stanunt aus dem Jahre 1423: der hl. Christoph trägt das Christuskind. Die Holz- schneidern st gelangte im 16. Jahrhundert zur Blüte. Deutsche Künstler übten sie. Welcher wahre Künstler und Kunstfreund erfreut sich nicht 4- -"'"m.. heute noch eines Adam Krafft, eines Peter Bischer? Krasfts"' ~fulptm' „Grablegung Christi" an der Außenseite der Sebalduskirche in Nürnberg ist nicht weniger berühmt als Wischers Relief „Christus bei Martha und Maria" im Dom zu Regensburg und das „Grab des hl. Sebaldus" in Nürnberg. Noch heute erregt die Kunst an alten Kelchen, Leuchtern, Lampen, Kreuzen, Kästchen, Schränken, Reliquienschreinen re. unsere Bewunderung. Welcher Maler hätte neben italienischen Meistern nicht auch i») Malerei, die deutschen Meister Hans Holbein, Albrecht Dürer und Lukas Cran ach mit Eifer studiert? Noch heute betrachten wir die himmelwärts strebenden e) Baukunst. Bauten der Gotik in den Domen zu Regensburg, Landshut, 0 Sprich Heugens!

10. Bürgerkunde - S. 27

1907 - München : Gerber
27 Nation verglichen, hat man keine Ursache, die italienische der deutschen vorzuziehen. Denn Deutschland scheint mir eine neue Gestalt bekommen zu haben und seine Städte scheinen mir seit ehegestern gebaut zu sein." Zur Hebung des Bürgerstandes und zum Wohlstand des Landes trug aber noch ein Umstand besonders bei: der Handel. 4. Der Handel im Mittelalter. Der Lohnwerker erhalt für seine Arbeitsleistung eine Ent- schädigung in Naturalien, der Handwerker verlangt einen Preis. Auch beim eigentlichen Handel wird ein Preis verlangt. Wenn ich, um 4 Pfund Fleisch zu erhalten, 20 Pfund Brot geben muß, so ist der Tauschwert des Fleisches fünfmal so groß als der des Brotes. Dafür kann ich auch sagen, der Preis des Fleisches ist fünfmal so hoch als der des Brotes. Jeder Gegenstand hat einen Tauschwert oder Preis. Der Tauschhandel ist aber mit großen Schwierigkeiten verbunden, weil jeder Gegenstand einen andern Tauschwert hat. Wenn ein Schuh- macher seine Ware gegen Mehl und ein Bäcker die seine gegen Leinwand anbieten würde, so würden wir dies sehr unpraktisch finden. Eine Ware hingegen, die einen festen und unabänderlichen Maßstab für den Tauschwert aller Gegenstände bilden würde, eine Ware, die ferner teilbar, transportfähig und leicht aufzube- wahren wäre, müßte sich für den Handel sehr vorteilhaft erweisen. Der Handel im Mittelalter führte dieses Tanschmittel ein; es ist das Geld. Das Geld besitzt neben den gewünschten Eigenschaften auch noch andere willkommene: es ist bequem mitzuführen und nützt sich wenig ab. Das Geld wurde daher diejenige Ware, die zur Vergleichung der Tauschwerte aller Handelsgegenstände benützt wurde. Der Wert jeder Ware wurde nun auf den Wert des Geldes zurückgeführt. Die Naturalwirtschaft zur Zeit des ab- hängigen Handwerks wurde von der Geldwirtschaft zur Zeit des zünftigen Handwerks abgelöst. Der Tausch mit Geld bedingt Kauf und Verkauf; er kann zufällig und absichtlich vor sich gehen. Der absichtliche Tausch mit Geld geschah im Mittelalter auf dem Markte Die Märkte waren anfangs mit religiösen, geistlichen oder kriegerischen Zu- sammenkünften verbunden. Zu diesen erschienen die Kaufleute') und boten ihre Waren zum Schmucke der Kirche, zu Kriegs- rüstungen re. feil; der doppelte Sinn des Wortes „Messe" erinnert noch heute an den Markt vor der Kirche. Später wurden die Märkte ausschließlich zu dem Zwecke abgehalten, Waren zu ver- h Kaufmann — ursprünglich der Kaufende, spater der Händler. Preis. Geld. Markt.
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